"Es wäre wahrscheinlich besser, diesen Film todzuschweigen, aber dann kann jeder behaupten, er sei nicht gewarnt worden..." [030]
"Grandioses Gemetzel, das man keinen Moment ernst nehmen darf. Ironischer SF-Effektspaß" TV-Spielfilm
"Wild! Sexy! Explosiv! Der ultimative Thrill-Ride!" läßt Paul Verhoeven sich auf die Fahne seines Werkes schreiben.
Diese Reaktionen waren es, die mich erst neugierig werden ließen. "Fritz", (der Radiosender, d. Chefred.) so ließ ich mir sagen, reagierte mit einer genauso krassen Ablehnung, wie der Schreiber der "[030]", wenn nicht noch entschiedener. Diese Kritiken und die Trailer wiesen darauf hin, daß hier tatsächlich entweder der größte Schund zu bewundern wäre, den die Filmindustrie in letzter Zeit hervorbrachte, oder aber ein Geniestreich der Parodie...glaubte ich zumindest.
Wäre ich nicht auf diese heftigen Reaktionen aufmerksam geworden, hätte ich mir diesen Film vermutlich nie angetan, jedoch wollte ich mir selbst eine Meinung dazu bilden und diese natürlich auch niederschreiben. Und hier sitze ich und habe den Salat. Aber mal immer der Reihe nach.
Ein kurzer Text weist uns gleich zu Beginn des Filmes darauf hin, daß ein gleichnahmiger Roman von 1959 als Vorlage für den Streifen diente. Gleich darauf folgt eine Art zukünftige Wochenschau, in der dazu aufgerufen wird, sich zum Kriegsdienst bei den Starship Troopers zu verpflichten.
Desweiteren führt uns diese Wochenschau in Lehrbuchmanier in den Kontext ein. Da ist die Erde auf der einen Seite, auf der vereint die Guten leben und das Militär die höchsten Ehren hat, und die bösen Bugs auf der anderen. Bis auf die Tatsache, daß die Bugs ab und zu mal einen Asteroiden auf die Erde loshetzen, herrscht eine Art Status Quo zwischen diesen beiden.
Ein Schnitt erfolgt, wir werden informiert, daß unser zeitlicher Kontext nun ein Jahr vor dieser Wochenschau liegt und wir lernen den Helden der Geschichte, Johnny Rico, kennen. Wir erfahren, daß er auf der Erde lebt, daß er ein Mädchen namens Carmen liebt und von einem anderen namens Dizzy begehrt wird. Nur für Carmen verpflichtet sich Johnny zur mobilen Infanterie. Die Wege der Freunde trennen sich bei der Rekrutierung, denn sie kommen in unterschiedliche Tätigkeitsbereiche. Gerade als Johnny die horrende militärische Ausbildung schmeißen und nach Hause zurückkehren will, erreicht ein Asteroid die Erde und vernichtet sein Elternhaus. Nur logisch, daß unser Held sich doch noch zum Krieg entschließt und mit wehenden Fahnen und Haß in der stolzen Brust dem Feindkontakt entgegenfiebert.
Freilich fällt dieser unerwartet hart aus und Johnny wird fast getötet. Im folgenden besteht die Story vorwiegend aus verschiedenen Schlachten und Metzeleien, zwischen denen Johnny und Carmen sich immer wieder begegnen, bis schließlich der "Brain-Bug", das Gehirn der Kampfinsekten gefunden und gefangen wird und somit die Menschen alles in der Hand haben, was sie brauchen, um die Bugs zu besiegen. Nachdem am Ende von allen, die ihre Beziehung hätten stören können, keiner mehr übrig ist, bekommen sich Carmen und Johnny natürlich und sind darüber hinaus auch noch gefeierte Helden des Krieges.
Dies ist die ganze Story des Films. Obwohl ich mangels Erinnerungsvermögens bezüglich einiger Namen diverse Details weggelassen habe, ist da nichts mehr an wesentlichem Material. Das einzige, was man an diesem Film interessant finden mag, ist die Art, wie er inszeniert wurde. Aber um wirklich sicherzugehen, daß niemand ihn sich mehr ansehen braucht, werde ich mich auch darüber auslassen.
Volker Bleeck, verantwortlich für die TV-Spielfilm-Kritik kommt zu seiner sehr positiven Meinung scheinbar vor allem auf Basis eines dort abgedruckten Interviews mit Verhoeven. In seiner Kritik nimmt er Bezug auf einen Propagandafilm von 1935 mit dem Titel "Triumph des Willens" von Leni Riefenstahl. Dieser solle als Vorlage für Verhoevens Werk gedient haben und dessen Absicht wäre es gewesen, diesen zu parodieren. Das erklärt tatsächlich einiges.
In "Starship Troopers" taucht so ziemlich jede Form nationalsozialistischer Ideologie auf, seien es blauäugige Schönlinge in den Positionen der Hauptdarsteller, schwarze Uniformen bei den Soldaten, die extreme Huldigung alles militärischen oder der extreme Haß und die Propaganda gegen den Feind, den niemand wirklich kennt.
Tatsächlich wirkt das alles, als hätte man hier versucht, einen SF-Stoff in das Korsett eines Nazi-Propagandafilmes zu stecken und tatsächlich entfaltet dies zunächst auch seine Wirkung, wirkt es so aufgesetzt, so absurd, daß man gar nicht auf die Idee kommt, es ernstzunehmen, wie er es laut besagtem Interview vom Zuschauer fordert.
Aber das hält nicht lange an. Mit dem Beginn der Einführung in die Charaktäre gewöhnt sich der Zuschauer zumindest so sehr an die groteske Darstellung, daß er den distanzierten Blick verliert und der Langeweile nur noch Entsetzen weicht. Entsetzen nämlich über eine erstaunlich schamlose Ekelhaftigkeit und Rohheit des Bildmaterials. Verhoeven scheute offensichtlich keine Mühe, die Zerstückelung von Menschen bei lebendigem Leibe, die Entstellungen unzähliger herumliegender Toter, einfach alle möglichen Formen von greulichem Gemetzel in Szene zu setzen.
Da wird ein Soldat zweigeteilt, ein anderer wird für die Bugs zum lebenden Football, und selbst die Insekten müssen hart einstecken. Worum sich Verhoeven jedoch nicht bemüht, ist dies tatsächlich als Greuel zu verurteilen. Er metzelt einfach drauf los, in voller Bilderpracht, wie in einem geschmacklosen modernen Comuterspiel. Wozu sonst sollten solch emotionslose Blutbäder dienen, wenn nicht purer Effekthascherei? Da mag Herr Verhoeven noch so viel davon reden, daß niemand den Film ernstnehmen solle, daß die Story dazu viel zu albern wäre, daß er sich mit dem Verhalten seiner Figuren keineswegs identifizieren würde und daß sein Film aus vielen Schichten bestehen würde, die der Zuschauer zerlegen solle; nichts von alldem rechtfertigt diese völlig überflüssigen Gewaltakte.
"Wenn die Leute auf der Leinwand sterben, dann sollte keiner mehr lachen.", sagt er. Wenn ich das erreichen will, dann muß ich auch dafür sorgen, daß ich den Zuschauer schockiere. Das ist bei Starship Troopers keineswegs der Fall, hier wird so viel durchstochen, aufgespießt, zerbissen, zerschossen, verätzt und zerbombt, daß es den Betrachter fast schon wieder zu langweilen beginnt.
Nebenbei, meint er, würde sein Film die Frage stellen, wie Propaganda von Supermächten funktioniere. Auch hier fehlt jeglicher Ansatz einer Wertung. Klar ist der Film in ein Gewand lächerlicher Absurdität gehüllt, aber es fehlt einfach jeder reale Punkt dabei, an dem sich der Zuschauer festhalten kann. Was unterscheidet denn dieses Werk noch von einem der Propaganda-Filme, die es angeblich anklagt? Mag sein, daß Verhoeven der Meinung war, die Verlagerung der Thematik auf ein SciFi-Thema würde die Propaganda-Schablone hervorstechen lassen, aber da scheint er sich geirrt zu haben. Eine wesentlich schockierendere Wirkung hätte das bloße Zeigen eines realen Propagandafilmes bewirkt und wenn Humor war, was er wollte, so ist der Anspruch, den er an den Zuschauer stellt, einfach entschieden zu hoch. Wer bitteschön kann über einen Witz lachen, dessen Pointe anderthalb Stunden dauert?
Letztlich sind da noch die Helden, zu denen ich auch ein paar Worte verlieren möchte. Diese sind Verkörperungen drastisch übertriebener Heldenmotive. Vielleicht wollte Verhoeven auch damit spotten, vielleicht macht er sich über den amerikanischen Film lustig, aber auch hier gilt, daß er es nicht vermag, diese Absicht so weit zu transportieren, daß sie beim Zuschauer wirklich ankommt. Stattdessen geht dieser früher oder später dazu über, ihre Oberflächlichkeit zu akzeptieren und sich mehr auf ihre Handlungen zu konzentrieren.
Verhoeven hat aber auch dafür gesorgt, daß niemand ausreichend Zeit bekommt, sich über all diese Mißstände während des Films zu ärgern oder sich Gedanken darüber zu machen. Dazu wird der Betrachter viel zu sehr durch bunte Knalleffekte und nahezu lückenlose Action beschäftigt.
Nach all diesen Betrachtungen sind wir also genauso schlau, wie zuvor: Entweder ist Verhoeven total genial und sein Werk stellt einfach astronomische Ansprüche an den Betrachter, oder aber er war so belustigt von seiner Idee, daß ihm die Konzentration für die Schaffung einer geistvollen Umsetzung fehlte. Die Quintessenz ist in beiden Fällen dieselbe, nämlich die, daß der Film wertlos wird. Wenn es etwas gibt, das Verhoeven damit wirklich erreicht, so ist es ein großer Beitrag zur Verrohung. Starship Troopers überbietet Tarantino spielend an Ekel, aber was letzterer in Pulp Fiction mit Hilfe nur einer einzigen Szene höchsten Ekels zu erreichen vermochte, schafft Verhoeven nicht in hunderten.
Starship Troopers ist tatsächlich einer der unsehenswertesten Filme, die ich kenne. Ich bezweifle zwar, daß es mir gelungen ist, den Film uninteressant zu machen, aber zumindest bin auch ich meine Warnung losgeworden. Und man möge sich bei einem Kinobesuch immer vor Augen halten, daß jede gekaufte Karte eine Stimme ist, die das Gesehene bejaht.
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